Vor der Weser-Ems-Halle, starker Wind, Nieselregen. Ein Dutzend Journalisten, Interessierte und Verwandte von Nebenklägern diskutieren, unter einem Unterstand vor der Weser-Ems-Halle kauernd, die große Frage des ersten Prozesstages: Sagt er aus? Schon heute? Ab 9 Uhr muss sich der frühere Krankenpfleger Niels Högel für 100 Morde an den Kliniken in Oldenburg und Delmenhorst vor dem Landgericht Oldenburg verantworten. Dann beginnt im Festsaal der Weser-Ems-Halle der wohl größte Mordprozess der Nachkriegszeit: 198 Sitzplätze für die Öffentlichkeit, 80 davon für Journalisten, 126 Nebenkläger, dazu ihre 17 Anwälte – ein Jahrhundertprozess in einer Mehrzweckhalle.
Es ist davon auszugehen, dass der Vorsitzende Richter Sebastian Bührmann schon am ersten Prozesstag mit der Befragung von Niels Högel beginnt. Unklar ist, ob dieser aussagen wird. Die Chancen stehen nicht schlecht, schließlich hatte sich Högel bereits im Ermittlungsverfahren ausführlich eingelassen. Fraglich ist, inwieweit man Högels möglichen Aussagen Glauben schenken kann. Das Gericht hat einen Gutachter bestellt, er soll die Glaubwürdigkeit des Angeklagten prüfen – sollte Niels Högel sich an diesem Dienstag äußern.
Nico Schnurr