Fernseher an, Fernseher aus. Das war einmal. Heutzutage heißt es: TV an, Handy zur Hand und mitbestimmten, was in der Lieblings-Sendung passiert. Bekanntes Beispiel: Love Island bei RTL II. Dort stimmen Zuschauer in den sozialen Medien ab, wer sich lieben „darf“ – und wer nicht.
Dies ist nur eine Form des „Live Entertainments“. Immer mehr Medienproduzenten setzen darauf, denn das lineare Fernsehen ist den Konsumenten längst nicht mehr genug.
Fünf Experten aus der Medien- und Sportbranche diskutierten, moderiert von Ralf Leister (Gründer und Redakteur des Blogs FußballWirtschaft), zum Thema: „LIVE ENTERTAINMENT – THE NEXT HYPE? New value propositions at the intersection of media, sports and emergent technologies”.
Die Protagonisten:
- Jens Fischer eSports-Expert, Account Manager // EVS Broadcast Equipment
- Shona Fraser
Vice President Entertainment & Development // RTL 2
- Dr. Robert Niemann Experte für internationalen Sport und Entertainment
- Arne Peters Strategic Advisor and Consultant // esports.com
- Alessandro Reitano
Vice President Sports Production // Sky Deutschland
In einem Punkt waren sich alle einig: Live Entertainment ist definitiv der „next Hype“. Während RTL II etwa auf Live-Umfragen setzt, kämpft Sky mit ganz anderen Problemen. Schauplatz deutsche Fußball-Bundesliga: Der Sender möchte mehr auf den „Entertainment-Faktor“ setzen, was etwa Show-Auftritte in der Halbzeitpause bedeuten würde. Und die sind den „traditionellen“ Fans in der Stadion-Kurve ein Dorn im Auge. „Die Frage ist, wie man die Hardcore-Fans zufrieden stellen, gleichzeitig aber mehr Unterhaltung in die Übertragung einbauen kann“, sagt Alessandro Reitano. Arne Peters schließt sich dem an: „Es ist nicht gerade einfach, die Brücke zwischen Tradition und Neuem zu schlagen“. Peters verfolgt die Entwicklung des eSports schon seit über 20 Jahren. „Man muss auf einem solchen Event gewesen sein und mitbekommen haben, wie zum Beispiel 15 000 Menschen total durchdrehen, wenn sie den Spielern zusehen. Nur dann kann man beurteilen, was wirklich hinter eSports steckt." Dank seines digitalen Ursprungs hat der eSport das, was dem Fußball zum Großteil noch fehlt: „Es geht vor allem um Interaktivität, die Zuschauer müssen Teil einer großen Gemeinschaft werden. So kann man ihnen etwas bieten, dass über das lineare Konsumerlebnis hinausgeht.“ In China etwa ist eSports längst zum „Volkssport“ geworden, auch in Deutschland boomt er. Aber: „Es gibt noch immer einige Nachteile“, sagt Jens Fischer von EVS Broadcast Equipment. Das Problem: eSports ist in Deutschland nicht mit „normalem“ Sport gleichgestellt. Das führt zu einer problematischen Rechtssituation. In vielen Industrieländern ist eSports bereits als Sport anerkannt, darauf hofft Fischer auch hierzulande.
Interessant ist auch: In der eSports-Branche glühen die Drähte zwischen Sportler und Medien förmlich. Hier ist es normal, dass Journalisten sehr nah an die „Stars“ herankommen – eine „Win-Win-Situation“ für beide Seiten. Davon können Medien in und um den Fußball, wie etwa Sky, nur träumen. Strikte Verträge zwischen Spielern und Vereinen oder die Tatsache, dass Stars wie Jerome Boateng oder Mats Hummels auf Instagram ihre „eigenen“ Geschichten machen, spielt dem Sender nicht gerade in die Karten. „Leider sind wir nicht völlig unabhängig von den Spielern“, sagt Alessandro Reitano. Einer seiner Wünsche: Zugang zum Kabinentrakt.
Dr. Robert Niemann weiß, wie die Branche läuft. Seit Jahrzehnten ist er in der Medien- und Sportbranche tätig, bezeichnet sich selbst als „Dinosaurier". Er sagt: „Jeder will natürlich seinen Anteil an großen Marken haben. In der Realität bekommt man aber nur sehr junge, noch unbekannte Talente – oder eben Spieler, die ihre Karriere bereits beendet haben.“ Auch deshalb hat Niemann eine Idee im Kopf: Eine Casting-Show für junge Fußball-Talente.